Die Ausbildung in der Pflege erfreut sich wachsender Beliebtheit. Knapp 10.000 Auszubildenden gab es im Pflege-Schuljahr 2019/20 und damit über 8 Prozent mehr als im Jahr zuvor (Quelle: BMFSFJ). Doch woher stammt dieser erfreuliche Fahrtwind? Pflegeauszubildenden Carolin Boran und Uwe Mayenschein, Institutsleiter des Bildungsinstituts für Gesundheitsberufe Südwestfalen, wissen es ganz genau und haben uns interessante Einblicke gewährt.
2020 gab es eine Umstrukturierung der Pflegeausbildung. Die neue generalistische Pflegeausbildung verbindet die bisher getrennten Ausbildungen in der Alten-, Kinderkranken- und Krankenpflege.
Warum gibt es das neue System und was hat sich dadurch verändert?
Uwe Mayenschein: „Die Neustrukturierung ist die Antwort auf eine sich verändernde Gesellschaft. Ältere Menschen sind zunehmend auf Krankenpflege angewiesen. Gleichzeitig nimmt in den Altenpflegeeinrichtungen der medizinische Behandlungsbedarf zu. Absolventen werden jetzt besser für diese unterschiedlichen Versorgungsfälle qualifiziert. Neubeschriebene Vorbehaltsaufgaben, die nur von Pflegefachfrauen und Pflegefachmännern ausgeübt werden dürfen, sind außerdem ein wichtiger Schritt zur Stärkung des Pflegeberufs. Dafür hat die Pflege lange auf dem Weg zur Eigenständigkeit gerungen.“ Nicht zuletzt kommen mit dem neuen Ausbildungssystem auch finanzielle Veränderungen: „Die Ausbildung ist bundesweit schulgeldfrei und die ausbildenden Einrichtungen werden refinanziert.“
Es gibt viele Vorurteile gegenüber einer Ausbildung in der Pflege. Z. B. sie sei anstrengend und eintönig. Was ist da dran und was spricht für eine Ausbildung in der Pflege?
Carolin Boran: „Eindeutig die Abwechslung. Es gibt gute und natürlich auch schlechte, aber vor allem aufregende und spannende Tage. Ich arbeite in der Altenpflege, weil es da interessant zu beobachten ist, wie die Personen unterschiedlich damit umgehen, dass dies die letzte Phase ihres Lebens ist. Ich wollte immer ins Büro, fand es dann aber öde. Nach einem Praktikum habe ich mich in der Altenpflege aufgehoben gefühlt. Die Patienten hören einem zu und helfen mir auch mal, wenn ich ein persönliches Problem habe.“
Uwe Mayenschein: „Die pflegeberufliche Arbeit ist ein abwechslungsreicher, sinnstiftender und erfüllender Dienst am und mit Menschen. Hinzu kommen ein gestärktes Wir-Gefühl und ein hohes Ansehen in der breiten Öffentlichkeit. Die Pflege ist unverzichtbar.“
Und wie ist es, eine Ausbildung in der Pflege zu machen?
Carolin Boran: „Das erste Mal, als ich jemanden beim Duschen unterstützen sollte, war in einem Schnupperpraktikum. Die Patientin war eine ganz liebe ältere Dame, die mich beruhigte und mir sagte, wie ich was mache. Als ich im ersten Lehrjahr war, hatte ich eine Praxisanleiterin, mit der ich mich gut verstand. Durch das Wissen, das ich in der Schule erlangt habe, hat sie mir schnell Verantwortung anvertraut. Meistens bin ich als zusätzliche Pflegekraft eingesetzt und übernehme die Wundversorgung oder das Stellen von Medikamenten. Jetzt am Ende des 3. Lehrjahres bin ich komplett in der Berufsschule, um mich auf die Prüfungen vorzubereiten. Um ehrlich zu sein, wäre ich lieber auf der Arbeit.“
Viele Menschen trauen sich die Arbeit in der Pflege nicht zu. Für wen ist eine Ausbildung in der Pflege geeignet?
Uwe Mayenschein: „Für alle Personen, die sich gerne komplexen Herausforderungen stellen und die Vielfalt der Arbeit am und mit dem Menschen schätzen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es kaum einen Beruf gibt, in dem man sich auch von seiner Persönlichkeit so gut weiterentwickeln kann.“
Carolin Boran: „Für alle, die von Natur aus offen sind und auch mal ihre ehrliche Meinung sagen. Aber auch mein Azubi-Kollege, der anfangs eher schüchtern war, ist in der Zeit der Ausbildung über sich hinausgewachsen.“